Andrea Bacchetti überzeugt auf seinem Bach-Album mit einem warmen Anschlag und einem klaren
Klang. Er war zwar nie in Italien - trotzdem unterzeichnete Johann Sebastian Bach seine Werke
gelegentlich mit "Giovanni Bastiano Bach", denn die italienische Musik hatte einen
starken Einfluss auf seine Kompositionen. Beim berühmten "Italienischen Konzert"
für Klavier beziehungsweise Cembalo wird das schon gleich im Titel deutlich. Bach übernahm
nicht nur viele Stilelemente der italienischen Kollegen in seine eigene Kompositionen, sondern
er bearbeitete auch deren Werke.
Der in Genua geborene Pianist Andrea Bacchetti hat dem italienischen Bach nun eine ganze CD
gewidmet.
Leuchtende Melodien
Das Posthorn erschallt - oder besser "la cornetta del postiglione", denn beim
"Capriccio sulla lontananza del suo fratello dilettissimo" sind nicht nur die
Tempobezeichnungen italienisch. Wessen heißgeliebter Bruder abgereist ist, darüber sind sich
Musikwissenschaftler nicht einig - aber das ist auch völlig nebensächlich.
Spannend ist vielmehr, wie Bach den Phasen des Abschieds in sechs Sätzen eine musikalische
Form gibt. Im Schlusssatz, zum Beispiel, läuft der markante Ruf des Posthorns durch die
verschiedenen Stimmen einer Fuge.
In der "Aria variata alla maniera italiana" sind es vor allem die sehr gesanglichen
Melodien, die an den italienischen Barockstil erinnern. In diesen kantablen Passagen zeigt
sich eine Stärke Bacchettis: Sein Anschlag ist weich und warm, der Klang klar und schön.
Damit bringt er viele der Melodien zum Leuchten.
Lebendiges Spiel
Bacchetti wählt oft sehr langsame Tempi. Besonders deutlich wird das bei Ferruccio Busoni.
Zwar sind seine Bearbeitungen von Bachschen Choralvorspielen durchaus selbständig. Doch wer
noch einen tanzenden Ton Koopman im Ohr hat, wird erst einmal überrascht sein von Bacchettis Ruhe.
Das wohl bekannteste Stück dieser Einspielung ist das Italienische Konzert. Bachs italienische
Kollegen haben zu seiner Zeit entscheidend zur Entwicklung des Solokonzerts beigetragen. Diesen
Wechsel zwischen Tuttipassagen, in denen das ganze Orchester spielt, und den eher sparsam begleiteten
Solostellen übertrug Bach auf die beiden Manuale des Cembalos.
Auch in der Klavierfassung sind diese Wechsel zu hören. Volltönend nimmt Bacchetti den Beginn,
bringt die einzelnen Stimmen in eine ausgeglichene Klang-Balance und rückt dann in den Solostellen
die Melodie wieder in den Vordergrund.
An manchen Stellen verzichtet der Pianist auf starke Akzente in der Artikulation - ein auf dem
Cembalo notwendiges Gestaltungsmittel für ein lebendiges Spiel. Bacchetti nutzt dafür alle
technischen Möglichkeiten eines modernen Konzertflügels - und überzeugt mit einer musikalisch
durchdachten Interpretation dieser zeitlosen Werke.